Neue Formen der Karriere in der Post-Corona-Zeit
- In der Arbeitswelt nach der Coronapandemie dominieren neue Arbeitsweisen.
- Virtuelle Arbeit wird künftig zum Standard – denkbar ist sogar, dass bestimmte Mitarbeitergruppen ausschließlich virtuell arbeiten.
- Es könnte langfristig zu einer Zweiteilung der Arbeitswelt kommen – mit völlig neuen Formen der Karriere.
Neue Arbeitswelt, neue Formen der Karriere
„Die neue Flexibilität der Arbeitswelt darf kein One-Hit-Wonder gewesen sein!“ So zitiert das Handelsblatt Steffen Kampete, Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA). Beim Future-Work-Kongress traf dieser jüngst auf die Deutschlandchefin von Microsoft, Marianne Janik, die ebenfalls der Auffassung ist, dass Corona die Arbeitswelt nachhaltig verändert hat. Und dass Vieles, was in der Pandemie aus der Not heraus geboren wurde, bleiben sollte. Alles andere wäre in Janiks Augen ein Schritt zurück. „Wir glauben, dass die Zukunft eine hybride Arbeitswelt sein wird, mit Homeoffice und Präsenzzeiten – eine Win-win-Situation für Arbeitgeber und Beschäftigte“, sagt Marianne Janik.
Herrschen in der neuen Arbeitswelt hybride Arbeitsmodelle vor?
Hybride Arbeitsmodelle, das sind Arbeitsmodelle, in denen Mitarbeiter recht situativ und sehr flexibel wählen, wann und wo sie arbeiten. Nicht nur bei Microsoft verspricht man sich davon entscheidende Vorteile. Eine gesteigerte Mitarbeiterzufriedenheit und -bindung wegen der daraus resultierenden besseren Vereinbarkeit von Karriere und Familie etwa.
Auch Kosteneinsparungen sind zu erwarten. Denn, wenn weniger Arbeitnehmer vor Ort arbeiten, können Arbeitgeber teuren Arbeitsraum einsparen und das frei gewordene Budget gewinnbringend in andere Projekte investieren. Es gibt aber auch Arbeitgeber, die ihre Büroflächen behalten und für das New Work Zeitalter passgenau umgestalten wollen.
New Work wirft seine Schatten voraus
Der Gedanke dahinter: Arbeitnehmer werden das Homeoffice künftig hauptsächlich nutzen, um To Do’s konzentriert abzuarbeiten. Kreative oder strategische Arbeiten, die besser von der Hand gehen, wenn man vor Ort mit den Kollegen die Köpfe zusammensteckt, werden hingegen eher im Büro bearbeitet. Entsprechend braucht man in modernen Büros nicht mehr klassische Schreibtischreihen, sondern vor allem Zonen, die auf Begegnung und Kommunikation ausgerichtet sind. Darauf muss eine moderne Bürogestaltung Rücksicht nehmen.
Überlegungen wie diese sind in den Augen von APRIORI-Vorstand Sebastian Berblinger aber eher ein Trugschluss. In einem Post auf LinkedIn schreibt er: „Wenn Sie Ihren Mitarbeitern komplett freistellen, wann und wo sie arbeiten, ist ein Ab- oder Umbau von Büroflächen, wie Sie ihn sich vorstellen, nicht möglich. Denn es wird Tage geben, an denen entweder alle vor Ort arbeiten, oder an denen niemand auftaucht. Sie als Arbeitgeber müssen aber für jede Eventualität Arbeitsplätze vorhalten. Unterm Strich ist das extrem unwirtschaftlich. Denn die meiste Zeit wird Ihr Office nicht voll ausgelastet sein. Daher taugen diese ‚Super-Flexi-Arbeitsmodelle‘ aus meiner Sicht rein gar nichts.“
Präsenzmodelle oder Homeoffice? Unternehmen müssen sich entscheiden!
Berblinger ist daher der Meinung, dass sich Unternehmen zwischen einem Präsenz- oder einem reinen Home-Office-Modell entscheiden müssen. Das Präsenzmodell, das ihm vorschwebt, schließt virtuelles Arbeiten nicht aus, setzt aber auf feste Vereinbarungen mit Mitarbeitern, wann sie im Büro und wann sie im Homeoffice arbeiten. Zum Beispiel: Drei Tage vor Ort, zwei zuhause. Bei einem reinen Home-Office-Modell arbeiten Mitarbeiter hingegen zu 80, 90 Prozent virtuell zusammen, kommen aber zu strategischen Meetings, zu Kreativsessions oder Kick-Offs ins Office. In beiden Fällen könnten Unternehmen ihre Büroauslastung so besser planen, sagt Berblinger. „Entsprechend können sie auch ihre Flächen perfekt auf die Bedingungen anpassen, die für das jeweilige Arbeitsmodell essentiell sind.“
Berblinger geht gedanklich aber noch einen Schritt weiter. Da beide Arbeitsmodelle auf die Einbeziehung virtueller Arbeit setzen, könnten in beiden Szenarien wenig erfolgskritische und eher repetitive Tätigkeiten perspektivisch komplett aus dem Homeoffice abgearbeitet werden. Nur strategisch wichtige Positionen müssten dann noch an die Präsenz im Unternehmen gekoppelt sein.
Neue Formen der Karriere: Wie sehen diese aus?
Daraus ergeben sich allerdings Fragen hinsichtlich der Karrieren der jeweiligen Mitarbeiter, so Professor Michael Knörzer, Leiter des HR:LAB bei APRIORI. In der Studie „Remote Work Strategy“ hat der Wirtschaftsexperte untersucht, welche Karrieremodelle in naher Zukunft dominieren könnten und kommt zu folgender Einschätzung: „Aus meiner Sicht könnten in Unternehmen künftig zwei Karrieremodelle parallel existieren. Eines für die präsente Belegschaft mit den für den Unternehmenserfolg unverzichtbaren, erfolgskritischen Funktionen mit hohem internen Abstimmungsbedarf, die im Büro vor Ort durchzuführen sind. Und eines für die ergänzenden virtuellen Tätigkeiten.“ Nach Knörzers Ansicht folgen Karrieren künftig einem solchen Rautenmodell:
Karriere im Management versus Projektmanagement
„Die klassische Managementlaufbahn bleibt dabei den Mitarbeitern der im Büro arbeitenden Belegschaft überlassen, während an den ‚Rändern‘ für virtuelle Mitarbeiter im Homeoffice Karriereoptionen bestenfalls noch auf den beiden unteren Ebenen in Fach- und Projektlaufbahnen ergeben“, schlussfolgert Knörzer.
Durchdenken Unternehmen diese Punkte schon heute gut und konsequent, können hieraus Wettbewerbsvorteile gegenüber der Konkurrenz generiert werden. Tun sie das nicht, besteht die Gefahr, durch unvollständig durchdachte und halbherzig umgesetzte Entscheidungen die verschiedenen Arbeitsweisen so unglücklich miteinander zu verknüpfen, dass daraus echte Gefahren für Unternehmenskultur, Produktivität und wirtschaftliche Überlebensfähigkeit resultieren können.